Wie soll es weiter gehen mit der Gesundheitsversorgung auf dem Land? Zu dieser Frage hatten die Grünen zu einer Videokonferenz geladen. „Wir freuen uns, dass über 30 Gäste vor allem auch aus dem Gesundheitssektor im Landkreis an der Veranstaltung teilgenommen haben,“ so die Grünen-Landtagsabgeordnete Miriam Staudte, die die Veranstaltung moderierte. „Das zeigt, dass das Thema unter den Nägeln brennt.“
Dominierend zu Anfang der Videokonferenz war erwartungsgemäß das Thema Corona. Breiter Konsens unter allen Teilnehmenden war die Forderung nach dezentralen Impfmöglichkeiten wie sie der Landkreis Lüchow-Dannenberg erarbeitet hat. „Es ist unverantwortlich, dass die Landesregierung von SPD und CDU bei diesem Thema bisher nicht auf das Engagement des Kreises reagiert hat und das Impfzentrum in Uelzen, bislang die einzige Anlaufstelle bleiben soll,“ kritisiert die Internistin Dr. Barbara Khanavkar von den Gartower Grünen. Die regionale Landtagsabgeordneten Staudte und die Gesundheitsexpertin der Landtagsfraktion Meta Janssen-Kucz berichteten von zahlreichen Gesprächen hierzu. Selbst Ministerpräsident Stephan Weil wurde von den Landtagsgrünen schon im persönlichen Gespräch aufgefordert, sich bezüglich Lüchow-Dannenberg einzuschalten.
Doch auch andere Themen kamen zur Sprache. Der gesundheitspolitische Sprecher der Kreistagsfraktion Matthias Gallei berichtete von der akuten Gefährdung der palliativmedizinischen Versorgungsstrukturen im Landkreis. Im Kreistag habe er einen Antrag dazu eingebracht. Die Landesregierung soll nun mit einer Landtagsanfrage auf die Problematik hingewiesen werden. „Wir haben zur Gefährdung der palliativmedizinischen Versorgung vor allem im ländlichen Raum, vor dem Hintergrund der problematischen Planungen des Bundesgesundheitsministeriums, eine Anfrage an die Landesregierung gestellt, damit sich Sozialministerin Dr. Reimann in Bund und Land dazu im Interesse der Betroffenen einbringt,“ so die Landespolitikerinnen Janssen-Kucz und Staudte.
Janssen-Kucz verwies anschließend auf eine Vielzahl an Themen, die derzeit in der Enquete-Kommission bearbeitet werden. Diese „Enquetekommission zur Sicherstellung der ambulanten und stationären medizinischen Versorgung in Niedersachsen – für eine qualitativ hochwertige und wohnortnahe medizinische Versorgung“ hat inzwischen in bald 60 Sitzungen Expertinnen und Experten aus allen gesundheitsrelevanten Bereichen angehört. Im März wird der Abschlussbericht der zweijährigen Arbeit dem Landtag vorgelegt und diskutiert. Wichtig ist, dass die Empfehlungen – unter anderem zur besseren finanziellen Ausstattung der niedersächsischen Krankenhäuser und neuer Versorgungsformen, wie mehr multiprofessioneller medizinischer Versorgungszentren – nach dem Abschlussbericht nicht in der Schublade verschwinden. Weitere Erkenntnisse betreffen den Ausbau telemedizinischer Angebote, Modellprojekte wie früher die Gemeindeschwestern (heute: Physician Assistants), bessere Patientensteuerung in der Notfallversorgung, Einsatz von Gemeindenotfallsanitätern und spezifische Angebote für psychiatrische Notfälle. Notwendig ist ebenso die Sicherstellung einer eins zu eins Betreuung durch Hebammen während der Geburt, mehr Zeit für die Pflege und die zu Pflegenden und vor allem Stärkung des öffentlichen Gesundheitsdienstes, also unserer Gesundheitsämter. Die aktuelle und die folgenden Landesregierungen müssen diese Empfehlungen sukzessive umsetzen, um die flächendeckende medizinische und pflegerische Versorgung in Niedersachsen endlich nachhaltig für die BürgerInnen zu verbessern. Die Grünen-Politikerin hofft, dass die Corona Pandemie auch den auf Wirtschaftlichkeitsaspekte fokussierten Politikern die Augen geöffnet hat und erkannt wird, dass Gesundheitsangebote nicht kaputtgespart werden dürfen.
„Bei vielen Wortbeiträgen kam zum Ausdruck, dass die einseitig wirtschaftliche Ausrichtung der Gesundheitspolitik der vergangenen Jahrzehnte stark hinterfragt wird,“ bilanziert Hanno Himmel, niedergelassener Arzt und im Kreisvorstand der Grünen tätig. „Diese Veranstaltung war für uns ein erster Aufschlag. Wir sind gespannt auf den Abschlussbericht der Enquete-Kommission und wollen zu einzelnen Themen tiefgehender diskutieren und aktiv werden.“