„Wir können das gar nicht glauben“, sagt Matthias Gallei, sozialpolitischer Sprecher der Grünen im Kreistag Lüchow-Dannenberg. Hintergrund sind Informationen des Flüchtlingsrats Niedersachsen, wonach die Kreisverwaltung statt der Auszahlung von Bargeld wieder Gutscheine an geflüchtete Menschen ausgeben will, die nicht abgeschoben werden wollen. Gallei will mit einer Anfrage an die Verwaltung der Angelegenheit auf den Grund gehen. „Das würde der sonstigen politischen Ausrichtung der Kreistagspolitik völlig widersprechen,“ so Gallei mit Hinweis auf die kürzlich bestätigten Beschlüsse des Kreistags, mehr Geflüchtete aufnehmen zu wollen als dem Landkreis zugeteilt werden. „Wenn das stimmt, wäre das auch ein Affront gegenüber den Mitgliedern des Sozialausschuss, der über dieses Vorhaben nicht mal informiert wurde,“ so der Kreistagsabgeordnete Gallei aus Vietze. Auch seine grüne Kollegin im Landtag Miriam Staudte hat kein Verständnis für ein solches Vorgehen: „Auf mich wirkt das wie eine Retourkutsche wegen der Abschiebeproteste vor der Kreisverwaltung. Das wäre ein ziemlich unprofessioneller Umgang mit Bürgerprotest,“ so Staudte. Die Grünen-Abgeordnete erinnert an den langen Streit für die Abschaffung der Gutscheine. „Die Gutscheinausgabe ist nicht nur diskriminierend, sondern wegen der damit zusammenhängenden Bürokratie auch teurer für den Steuerzahler.“ Das wenige Personal des Landkreises solle für notwendige Aufgaben eingesetzt werden, statt für die Ausgabe von Gutscheinen. Die Grünen verweisen auch darauf, dass andere Landkreise diese Praxis als nicht rechtskonform ansehen.
Staudte und Gallei schließen sich der Forderung des Flüchtlingsrats an Innenminister Boris Pistorius an, der die Landkreisverwaltung zur Rücknahme der Pläne anweisen solle.
In diesem Zusammenhang hat die Grüne Kreistagsfraktion Lüchow-Dannenberg Anfrage an die zuständige Kreisverwaltung geschickt:
“Sehr geehrte Damen und Herren, unter TOP 6 / Anfragen und Mitteilungen der Tagesordnung für den FA Soziales und Migration am 19.11.2018 habe ich folgende Fragen an die Kreisverwaltung:
- Stimmt es dass der Landkreis Lüchow-Dannenberg ist in jüngster Zeit wieder dazu übergegangen ist , an Flüchtlinge, denen im Rahmen der sog. Dublin III – Verordnung eine Überstellung in andere Vertragsstaaten droht, wieder Gutscheine auszugeben. Diese Praxis hat es aus gutem Grund und nach langen Protesten ab 2013 in Niedersachsen nicht mehr gegeben.
- Wenn Frage 1 mit Ja beantwortet wurde, was hat den Landkreis zu dieser Maßnahme veranlasst? Welche anderen Landkreise in Niedersachsen verfahren so?
- Welche politischen Gremien wurden bei dieser politischen Entscheidung einbezogen? Wie schätzt die Verwaltung die politische Wirkung dieses Verfahrens ein?
- Die Ausgabe von „Berechtigungsscheinen“, wie sie der Landkreis Lüchow-Dannenberg offenbar praktiziert, erscheint mir nicht nur wegen der damit verbundenen Diskriminierung der Betroffenen, sondern auch aus rechtlichen Gründen zweifelhaft: Die Gutscheine müssen vom „Lieferanten“ wie vom „Empfänger“ persönlich unterschrieben werden, was schon datenschutzrechtlich nicht zulässig sein dürfte. Auch dürfen nur Hygieneartikel und Lebensmittel eingekauft werden, also z.B. auch keine Socken, keine Mütze, kein Handy-Guthaben, keine Busfahrkarten. Ein Taschengeld wird den Betroffenen nach den uns vorliegenden Informationen gänzlich verweigert. Wie wird das Verfahren der Gutscheinpraxis seitens der Landkreisverwaltung rechtlich bewertet?
Matthias Gallei, Fraktion Bündnis 90/Die Grünen”